Entdecken, Siedeln, Handeln
Zielgruppe bedient: Die Frühjahrs-Neuheit von Hans im Glück für Kennerspieler ist eine runde Sache und fast perfekt. Viele bekannte Mechanismen sind hier zu einer klaren Herausforderung neu komponiert.
Nr. 1281: Race to the New Found Land | Spielwiese-Code | | F | 12 | | | |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Das Spiel im Überblick: Inseln (unten rechts) werden besiedelt und dabei Rohstoffe und Waren gewonnen, die später in den Städten (oben rechts) verkauft werden können. Dazu braucht es Schiffe aus der Auslage (links) für den Transport. Viel Material auf einmal – und dazwischen schlängelt sich die Siegpunktleiste. | |
Im Detail: Mit dem Anlegen ihrer Schiffe unter den verschiedenen Aktionsphasen am Tableau bestimmen die Spieler, welchen strategischen Schwerpunkt sie im Verlauf der aktuellen Runde setzen. Bilder: spielwiese.at |
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Die gute Nachricht
Sehr gutes Gesamtpaket aus Idee, Umsetzung und Preis
Die schlechte Nachricht
Die Startvoraussetzungen für die einzelnen Spieler sind unausgewogen
Rein ins Spiel!
Wieder so ein Spiel, bei dem man zu Beginn einfach mal losspielen muss, um in der zweiten und dritten Runde draufzukommen, was da eigentlich vorgeht. Das macht das Erklären der Regeln schwierig, auch wenn sich der Verlag Hans im Glück bei der Spielanleitung große Mühe gegeben hat.
Beschreiben wir zuerst einmal die Idee, die dahinter steckt. Wir, die Spieler, brechen mit Schiffen gen Nordamerika auf, um neue Länder (Inseln) zu entdecken, Waren und Rohstoffe zu holen und zuhause in Good Old Europe damit Handel zu betreiben. Nichts Neues unter der Sonne des Atlantiks. Und erfahrenen Kennerspielern sind auch die einzelnen Schritte einer Runde von da oder dort bekannt, hier jedoch neu zusammengesetzt. Fortgeschrittene Spieler wird Race to the New Found Land also wenig Überraschungen liefern, Gelegenheitsspieler aber durchaus befriedigen. Reine Familienspieler, die hin und wieder etwas auf den Spieltisch bringen, werden sich schwer tun. Ab 10 Jahre als Altersempfehlung, das ist hart an der Untergrenze.
Erwartungsgemäß bei einem Hans im Glück-Spiel ist alles klug miteinander verzahnt. Eine Partie gliedert sich in vier Runden mit jeweils vier Phasen. In der Landphase gibt es Einkommen und man darf seine Häfen ausbauen und Schiffe nehmen. Das alles kostet. Welches oder welche Schiffe man aus der Auslage nimmt, ist entscheidend fürs Vorankommen in diesem Spiel. Wann immer möglich, sollte man sich auf sogenannte große Schiffe kaprizieren. Sie sind zwar teurer, bringen jedoch mehr Möglichkeiten und Siegpunkte.
Es folgt die Planungsphase. Hier werden die eigenen Schiffe unter das Spielertableau eingesetzt. Das ist die Grundlage der Aktionsphase. Bei dieser stehen der Reihe nach die Aktionen Beladen, Siedeln, Liefern und Entdecken an. Beladen bedeutet, man erhält je nach angelegtem Schiff neue Waren und Rohstoffe. Beim Siedeln kommen die fünf Inseln auf dem übermächtigen Spielplan ins Spiel. Diese Inseln werden mit Landschaftsplättchen belegt, auf denen man mit kleinen Holzmarker seiner Farbe siedelt. Auch das bringt neue Waren und Rohstoffe oder direkt Siegpunkte auf der Siegpunktleiste. Beim Liefern gilt es, wie der Name schon andeutet, seine Waren und Rohstoffe möglichst punktebringend in die Städte auf dem Spielplan zu liefern. Dort warten kleine Auftragskärtchen, die bei Erfüllen mehr oder weniger Siegpunkte bringen. Und schließlich wird noch entdeckt. Es werden neue, verdeckte Landschaftsplättchen gezogen und je nach Taktik und Strategie auf einer der Inseln platziert. Auch das bringt sofort Einkommen.
Diese Einkommen sind wichtig, um bei den folgenden Runden möglichst flexibel seine Strategie wählen zu können: Will ich mehr Schiffe, um mehr Aktionen auszuführen? Will ich mich auf Handel (Liefern) konzentrieren oder auf auf das Entdecken?
Am Ende einer Runde kommt es zu zwei (Zwischen-)Wertungen. Mehrheiten auf – Achtung: nur vollständig ausgebauten! – Inseln bringen Siegpunkte, ebenso vollständig belieferte Städte, außerdem die sogenannten Zielkarten. Zielkarten gibt es zwischendurch und sind als Aufgaben zu verstehen, zum Beispiel auf einer beliebigen Insel mindestens sechs (6 Siegpunkte) oder neun Marker (10 Siegpunkte) stehen zu haben.
Bevor wir uns näher mit den Siegpunkten beschäftigen, noch zwei wichtige Hinweise, die unerfahrenere Spieler in den Blindflug-Modus versetzen. Von großer Bedeutung bei Race to the New Found Land ist die Reihenfolge der Spieler. Sie wird durch die Summe der Segel bestimmt, die man auf allen seinen Schiffen hat. Die weiteren Fähigkeiten der einzelnen Schiffe sind ebenfalls sehr wichtig: Die einen taugen gut zum Entdecken, die anderen womöglich gar nicht. Das Gleiche gilt für die anderen Aktionen. Die Fähigkeiten werden durch Symbole und Zahlen ersichtlich, verlangen aber etwas Übung. Schnell hat man ein Schiff „verschenkt“, weil man es an der „falschen“ Aktionen-Position seines Tableaus angelegt hat.
Als größter Problemfall hat sich bei unseren Testrunden die unterschiedliche Gewichtung an Voraussetzungen für die einzelnen Spieler herausgestellt. Zur Erklärung: Man zieht zu Beginn zufällig eines der fünf Tableaus und spielt dann als „Nation“ samt dazu gehörendem ersten Schiff. Nehmen wir Spanien. Wer diese Nation zieht, hat einen klaren Nachteil. Sein Starter-Schiff hat nur ein Segel, alle anderen Nationen beginnen mit mindestens zwei Segeln. Als Spanier ist es im kaum möglich, jemals Startspieler einer Runde oder Aktion zu werden und sich damit die besten Möglichkeiten auszusuchen. Da hilft auch der Zusatznutzen für Spanien wenig, beim Siedeln jeweils einen weiteren Marker legen zu dürfen. Für den Spieler Frankreich besteht der Zusatznutzen beispielsweise darin, jedes Mal drei zusätzliche Siegpunkte zu erhalten, wer einen Auftrag Liefern erfüllt.
Damit zu den Siegpunkten. Sie werden auf einer Zählleiste festgehalten, die sich über den Spielplan schlängelt. Auch wenn der Name des Spiels auf ein Wettrennen hindeutet – Race to the New Found Land ist keines. Es ist ein Sammelspiel. Der einzige Wettlaufcharakter ist, dass es an vier Positionen der Zählleiste noch zusätzliche Boni gibt. Wer sie als Erster lukriert, hat wiederum einen Vorteil. Wie bei dieser Art von Spielen üblich, warten dann noch wichtige Siegpunkte bei der Schlusswertung, wenn unter anderem auch die restlichen Inseln und Städte abgerechnet werden.
Sinn und Wechselwirkungen dieses anfänglichen Durcheinanders an Regeln, Zugehörigkeiten und Boni erschließen sich mit fortschreitendem Spiel dank des fast durchgängig klar strukturierten Spielmaterials und den verwendeten Symbolen. Alexander Jung als Illustrator hat hier einen guten Job gemacht. Race to the New Found Land ist komplex und beim ersten Mal ist die angegebene Spieldauer von bis zu 90 Minuten nicht zu unterbieten. Die zweite Partie ist dann aber bereits in einer guten Stunde zu schaffen.
Der erste Eindruck ist, das Spiel ist völlig überladen. Doch das trügt. Eines ums Andere fügt sich im Verlauf zu einem sinnvollen Ganzen zusammen. Anspruch und Herausforderung sind selbst für Spieler, die ihr Hobby leidenschaftlich betreiben, hoch genug. Race to the New Found Land ist genau auf die Zielgruppe Kennerspieler zugeschnitten. Wobei dennoch die Frage bleibt: Bietet das Spiel den gewissen Mehrwert als andere, vergleichbare Spiele? Nein. Flundi, ein engagierter Spieler aus Karlsruhe, bringt es in einem Online-Forum auf den Punkt: „… hat bei mir positiv gepunktet und ist spielerisch völlig in Ordnung, was heute in der an guten Brettspielen überfüllten Zeit schon den Untergang im überfüllten Sammlerregal bedeutet.“
Nochmals spielen? Hängt davon ab, welcher Typ Kennerspieler man ist. Mit wenigen Spielen im Regal – ja. Mit vielen Spielen zuhause – bis es von der nächsten Neuheit dieser Art abgelöst wird. |
Rund ums Spiel Das Rezensionsexemplar wurde von Schmidt zur Verfügung gestellt |