Sorry, es musste so sein!
Zurecht als Spiel des Jahres nominiert: Bei Imhotep versuchen die Spieler aus dem Baustellenchaos im alten Ägypten Profit zu schlagen.
Nr. 1252: Imhotep | Spielwiese-Code | | G | 10 | | | |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Hochwertiges und übersichtliches Spielmaterial zeichnet Imhotep aus. In der Mitte die Bauplätze und der Markt, an denen immer nur ein Boot Platz für Nachschub hat. Dieser Nachschub sind die Steine, die die Spieler ins Spiel bringen. Dabei entscheidet die Reihefolge der Steine auf dem Boot, wer zuerst einen Zug ausführen darf. Bild: Kosmos |
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Die gute Nachricht
Sehr flüssiges Familienspiel mit geringem Einstiegsaufwand
Die schlechte Nachricht
Wer eine sucht, wird keine finden
Rein ins Spiel!
Soll ich? Soll ich nicht? Imhotep ist ein Spiel, das bei jedem Zug mitunter weitreichende Entscheidungen erfordert. Doch davon sollte man sich weder ins Bockshorn jagen lassen noch das Spiel als zu schwierig einstufen. Das Gegenteil ist der Fall. Die vier Aktionen, unter denen man sich bei jedem Zug für eine entscheiden muss, sind „schlank“, wie es die Jury Spiel des Jahres in ihrer Begründung treffend benennt. Dass Regelwerk ist unkompliziert.
Das Spiel fließt regelrecht dahin und gewinnt an Tempo und vor den Spielern entsteht eine eindrucksvolle dreidimensionale Großbaustelle am Ufer des Nils.
Der besondere Reiz bei Imhotep ist seine Unberechenbarkeit, ohne dass das Spiel dabei zu sehr ins Zufällige abdriftet. Die Spieler setzen laufend Aktionen, die Mitspielern so gar nicht in den Kram passen – oder sie begünstigen. Das ärgert dann einen selbst. Aber der Zug musste jetzt so und nicht anders sein. Denn der sprichwörtliche Spatz in der Hand ist meist vorteilhafter als die Taube auf dem Dach.
Worum es geht
Ägypten, lange vor unserer Zeit. Der große Imhotep hat monumentale Bauwerke geplant, ist aber gerade nicht da. Die Spieler sind Baumeister und versuchen ihr Bestes. Baustellenkoordination zählt allerdings nicht zu ihren Stärken. Imhotep ist kein Kooperationsspiel: Es gewinnt, wer seine Vorstellungen am besten durchsetzt. Die einzige Aktion, die keine Auswirkungen auf die anderen hat ist die grundlegende Vorratsbeschaffung. Dazu füllt der Spieler seine kleine Tafel mit Steinen vom allgemeinen Steinbruch auf.
Die zweite mögliche Aktion ist bereits ein taktisches Statement: Einen Stein auf eines der Boote platzieren. Sie ist direkt mit der dritten möglichen Aktion verzahnt, nämlich ein Boot auf dem Nil zu einer Baustelle bzw. zum Markt zu fahren. Dabei entscheidet der Platz im Boot über die Reihenfolge, diese Aktion auszuführen. Dazu und über die Rolle des Marktes bei Imhotep gleich mehr im Detail.
Der Spielwitz an der Sache ist, dass in jeder der sechs Runden eine andere Bootskonstellation das Geschehen bestimmt – kurze und lange Boote – und einerseits jedes Boot von jedem Spieler zu einem beliebigen Zielort gebracht werden kann; unabhängig davon, ob der Spieler einen, mehrere oder auch gar keinen Stein darauf sehen hat. Andererseits werden Steine immer beginnend vom Bug aus der Reihe nach entladen und der dazugehörige Zug dann gespielt. Das heißt: Wer ganz vorne im Boot einen Stein hat, kommt als Erster an die Reihe, dann der mit dem folgenden Stein usw.
Die Auswirkung in Punkten, die gesammelt werden müssen, sind je nach Baustelle unterschiedlich. Wo eine Pyramide entsteht, wird sofort gewertet. Die Tempelbaustelle wird immer am Ende einer Runde gewertet und die Grabkammer und die Obelisken werden erst am Spielende abgerechnet. Vier Baustellen – vier unterschiedliche Wertungsmechanismen:
- Pyramide: Es gibt Ablagefelder mit unterschiedlich hohen Punktewerten, auf welches Feld der neue Stein angesetzt werden muss ergibt sich aus einer Von-oben-nach-unten-Abfolge
- Tempel: Steine werden der Reihe nach von links nach rechts neben- und dann aufeinander gelegt und es zählen nur die dann sichtbaren
- In der Grabkammer geht es um das Bilden möglichst großer zusammenhängender Flächen mit eigenen Steinen
- Obelisken: Wer hat den höchsten, den zweithöchsten …? Davon hängt die exponentiell steigende Zahl der zu vergebenden Punkte ab
Nochmals: Vier Baustellen – und bei jeder kann man den Mitspielern in die Parade fahren, wenn man es geschickt anstellt. Man muss den richtigen Zeitpunkt erwischen, der einem selbst mehr Punkte bringt als den anderen. Als relativ mächtig hat sich in unseren Runden der Obelisk herausgestellt: Mit ihm holt (nur) der beste Säulenbauer am Spielende unverhältnismäßig viele Punkte.
Mit dem Markt gibt es einen fünften Entladeplatz. Da pro Runde nur vier Boote unterwegs sind, bleibt immer einer der fünf möglichen Entladeplätze leer. Das ist oft der Markt. Ob der Markt angesteuert wird, hängt sehr stark von der Attraktivität der vier dort zufällig aufgedeckten Marktkarten ab. Sie bringen ganz unterschiedliche Vorteile, mal mächtige, mal eher bedeutungslosere. Wenn gar keine der blauen Marktkarten in der Auslage liegt, fällt die Voraussetzung die vierte Aktion bei Imhotep schon mal weg. Das wäre das Ausspielen einer blauen Marktkarte. Ein Beispiel für diese mächtigen Karten: Der Spieler darf ein Boot bewegen und bestimmt dabei die Reihenfolge, in der die Steine abgeladen werden.
So oder so: Bei jedem Zug geht es ums Abwägen, mit welcher Aktion man noch zuwarten will. Boot X könnte noch vielversprechender werden, wenn ich noch einen Stein darauf platzieren kann … Wenn ich Boot Y jetzt zur Baustelle A bringe, dann … Es gibt immer einen Haufen "Wenn" bei Imhotep. Denn pro Runde steht jede Entladestelle (Bauplätze, Markt) genau nur einmal zur Verfügung. Deshalb ist das Risiko hoch, dass ein Mitspieler einem zuvorkommt und anderen Strich durch die Rechnung macht.
klare übersicht
Ein ganz dickes Lob muss Miguel Coimbra und Michaela Kienle ausgesprochen werden. Sie haben Imhotep gestaltet. Nicht nur die Umsetzung des Spielmaterials in „ägyptischen“ Sandtönen ergibt ein harmonisches Gesamtbild. Auch was wohin gehört und was damit zu tun ist, also die Unterstützung des Spielablaufs durch Illustration, Grafik und Material, ist perfekt umgesetzt. Das Spielmaterial – dicker Karton, gut greifbare Steine – ist hochwertig.
Fazit
Gelegenheitsspieler bekommen mit Imhotep ein Spiel in die Hand, das rundum Freude macht. Da gehört auch ein bisschen Schadenfreude dazu. Imhotep ist schnell erklärt, schnell begriffen, hat eine kurze Spieldauer, dennoch viele Möglichkeiten (und Überraschungen!), stimmiges Material und hinter dem Ganzen eine überzeugende Geschichte. Mehr kann man in der Kategorie taktischer Familienspiele nicht wollen.
Nochmals spielen? Ja. Nicht zuletzt, weil der Aufbau keine Mühe macht. |
Rund ums Spiel
Das Rezensionsexemplar wurde von Kosmos zur Verfügung gestellt |