Mensch ärgere Dich nicht: Für das Fiese in dir
Schmidt/Joseph Friedrich Schmidt: Mensch ärgere Dich nicht
Unter ein Volk mit 80 Millionen Einwohnern 90 Millionen Exemplare gebracht zu haben – da kann die Frage nur lauten: Wer hat dieses Spiel eigentlich nicht gespielt? Für viele ist Mensch ärgere Dich nicht die Mutter aller Brettspiele. Der berühmte Dauerbrenner mit den fiesen Charakterzügen feiert 2014 seinen 100. Geburtstag.
Ein Grund zu feiern. Das tut Schmidt Spiele auch (davon später). Doch die Mine des genervten Anzug- und Krawattenträgers auf der knallroten Packung bleibt auch im Jubeljahr unbeeindruckt griesgrämig. Vielleicht liegt's am giftgrünen Streitpotenzial des Packungsinhalts.
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Familienspielszene um 1950 in Deutschland. Bild: Dr. Simone Michel-von Dungern, Ausstellungspakete |
Die Geschichte des Jubilars begann 1907 in einer winzigen Wohnküche im Armeleuteviertel jenseits der Isar in der Münchner Au. Dort tüftelte Joseph Friedrich Schmidt, der als Fierant – also Händler – am berühmten Viktualienmarkt eingetragen war, an einem Spiel, das 100 Jahre später einen Ehrenplatz im Bonner Haus der Geschichte haben sollte. Aus einem verbeulten Hutkarton und mit kleinen Holzklötzchen schnitt, schnitzte und malte der am 24.11.1871 in Amberg geborene Bastler an einem "Beruhigungsmittel", mit dem er den Tatendrang seiner drei Söhne in der engen Wohnung bremsen wollte. Für seine Idee holte er sich die Inspiration bei einem Laufspiel, das gut und gerne bereits 2000 Jahre alt ist: das indische Laufspiel Pachisi.
Joseph Friedrich Schmidt fuhr die Regeln dieses mythologischen Taktikspiels zurück aufs Wesentliche, ließ die Figuren um ein Kreuz auf dem Spielplan laufen und gab die kleinen Kegel während der gesamten Spieldauer zum "Abwurf" frei. Oder Abschuss. Oder Rauswurf. Wie auch immer, es war sehr zur Freude des Geschwistertrios – und der Eltern. Denn fortan war Ruhe in der kleinen Mietwohnung in der Au, auch wenn sich dort am Küchentisch jetzt manch einer noch mehr ärgerte – und dabei ungemein viel Spaß hatte. "Mensch ärgere Dich nicht", meinte dazu Joseph Friedrich Schmidt und hatte den Titel für sein kleines Spiel gefunden.