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Spielwiese-Test 886: Jambo

Gestern, irgendwo in Afrika

Mit Jambo ist Kosmos für seine Zweipersonenreihe endlich wieder ein großer Wurf gelungen.

 

 

 

Der vordere Spieler hat einen Vorteil, weil er bereits einen zweiten Marktstand eröffnen konnte: Er hat mehr Möglichkeiten seine Waren zu deponieren. Die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis von Waren bringt das Geld und den Sieg ein Stückchen näher.
 

 Wenn Sie abwechslungsreiche und anspornende Zweipersonenspiele lieben, dann freuen Sie sich auf dieses. Obwohl es schnell zu überblicken und zu begreifen ist, steckt ungeheuer viel Tiefgang darin. Kaum eine Partie wird gleich wie die vorige verlaufen. Aber es wird immer spannend sein.

Eine grobe Schilderung: Jeder Spieler versucht Waren möglichst billig einzukaufen und möglichst teuer zu verkaufen. Welche Waren zum Handel anstehen, bestimmen Warenkarten, auf denen meistens drei Waren abgebildet sind, auf einigen auch sechs. Dazu braucht es Geld bzw. Goldchips. Wer als Erster 60 Goldchips gesammelt hat, läutet das Spielende ein. Nun muss er bangen, ob er auch tatsächlich gewonnen hat. Denn der Gegenspieler darf noch einen Spielzug machen und womöglich mit seiner letzten Aktion den Schnelleren übertrumpfen. Man muss also auf der Hut sein, denn mit taktisch zurückbehaltenen Karten lassen sich in einem Spielzug zehn und auch deutlich mehr Goldchips erzielen.

Ein vollständiger Spielzug bedeutet, dass man fünf Aktionen machen darf. Die 112 Karten, mit denen Jambo gespielt wird, lassen schier unendlich viele Kombinationen zu. Die meisten davon könnte man in die Kategorie Ereigniskarten einordnen. Das hört sich an, als ob man für Jambo irgendein Glücksspiel zusammengestellt hätte. Das ist es keineswegs.

Die Fähigkeiten der einzelnen Karten für Gegenstände, Personen und Tiere sind bei ihrer Vielseitigkeit ver­­blüffend gut durchdacht und ausgewogen. Sie im Detail zu beschreiben, darauf konnte sogar in der Spielanleitung verzichtet werden, da sie alle durch knappe Texte selbst erklärend sind. Es gibt keine "dummen" Karten, sehr wohl aber sehr mächtige und wichtige.

Die wichtigsten, die im Stapel stecken, sind die fünf Kleinen Marktstände. Sie werden neben den Großen Marktstand vor sich abgelegt und erweitern den Handlungsspielraum des Spieler entscheidend. Auf dem Großen Marktstand, den jeder Spieler bei Beginn hat, haben sechs Waren für Ein- oder Verkauf Platz. Jeder Kleine Marktstand nimmt bis zu drei zusätzlichen Waren auf. Da es eine ungerade Anzahl dieser Markterweiterungen gibt, scheint es von vornherein ungerecht, wie sie sich im Laufe des Spiels auf die beiden Spieler verteilen. Aber: mit einigen guten Karten lassen sich Nachteile ohne weiteres wettmachen. Wer weniger Kleine Marktstände ergattert, muss nicht zwangsläufig verlieren.

Gestartet wird Jambo mit je fünf Karten, die blind zugeteilt wurden. Wer am Zug ist, darf – wie schon erwähnt – bis zu fünf Aktionen ausführen. Generell gilt: Eine Karte nachziehen oder eine Karte ausspielen ist eine Aktion. Da zahlreiche Karten auch einiges in Bewegung setzen, gibt es fünf Aktionsmarker: sie helfen den Überblick zu bewahren und verhindern Schummeln. Ganz einfach: Der Spieler, der nicht an der Reihe ist, zieht für jede ausgeführte Aktion einen der Aktionsmarker aus der Tischmitte. Simple Idee und effizient.

Jeder Spielzug beginnt mit dem Ziehen einer oder mehrerer Karten vom Stapel. Jedes Ziehen ist schon eine Aktion – eine Karte muss auf jeden Fall gezogen werden. Danach entscheidet man sich, ob man weitere Karten will. Hat man eine Karte ausgespielt, darf nicht mehr nachgezogen werden. Ausgespielt können die unterschiedlichen Karten in beliebiger Reihenfolge. Ein Überblick über ihre Fähigkeiten:
 

  • die Kleinen Marktstände – schon beschrieben
  • Warenkarten: Sie gelten sowohl für Ein- als auch Verkauf. Dafür gibt es unterschiedliche Preise. Den Einkauf bezahlt man aus seinem Goldvorrat und legt die entsprechenden Warenkärtchen auf seinen Markt. Für den Verkauf muss man die entsprechende Kombination natürlich in seinen Marktständen haben: Die Warenkärtchen kommen wieder zum allgemeinen Vorrat, das Gold kommt von der "Bank".
  • Personen: Sie erlauben zum Beispiel, dass man Gold gegen Waren oder umgekehrt tauschen kann.
  • Tiere: diese 14 Karten betreffen immer den Gegner, einige aber auch beide Spieler.
  • Gegenstände: diese Karten sind mächtig, weil sie mehrmals benutzt werden können und Vorteile bringen. Sie sind neben den Kleinen Marktständen die einzigen Karten, die nicht auf dem Ablagestapel landen, sondern vor sich abgelegt werden. Das kostet eine Aktion und jede Nutzung eine weitere Aktion. Sie sind wichtig, um beispielsweise außer der Reihe weitere Karten nachzuziehen oder bestimmte Waren zu kaufen. Jeder Gegenstand darf pro Spielzug nur einmal verwendet werden und man darf maximal drei Gegenstände vor sich liegen haben. Zieht man einen weiteren, den man gerne einsetzen möchte, muss dafür zuerst eine bereits ausliegende Gegenstandskarte abgeben.
     
 

Führen Sie das Ende von Jambo herbei, dann sollten Sie einigermaßen auf Nummer Sicher gehen: Nur mit 60 oder knapp mehr Goldchips abzuschließen, ist sehr gewagt, wenn auch ihr Gegenüber schon an der 60er-Marke scharrt. Trachten Sie danach, einen Abstand von 10 Goldchips herauszuspielen. Umgekehrt: Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Gegner bald fertig macht, halten Sie nach Möglichkeit starke Warenkarten für einen Verkauf zurück. Während des Spiels besonders auf den Regenmacher achten: Er bietet die billigste Art zu Warenkarten zu kommen und ist im Stapel mehrfach vorhanden.


 

   

Damit ist Jambo erklärt und der Spaß kann losgehen. Der beginnt schon beim Kennenlernen der vielen Karten. Texter und Grafiker haben sich schwer ins Zeug gelegt: Jambo ist vom gesamten Spielmaterial her sehr stimmig. Man kann sich im Verlauf des Spiels sehr gut vorstellen, irgendwo in Afrika in einem kleinen Dorf auf einem Markt zu stehen und nicht zu wissen, ob als nächstes Freund oder Feind um die Ecke schleicht. Zugegeben, das ist natürlich eine zutiefst europäische Sicht der Dinge. In diesem Bild fehlt eigentlich nur eines: das Feilschen. Das gibt es nicht. Bei Jambo hat alles seinen fixen Preis.

Noch eines: Das Spiel gewinnt nicht den Nobelpreis für Kommunikationswissenschaften, es ist aber auch keineswegs ein stummes Kartenklopfen. Es gibt viele Karten, mit denen man sein Gegenüber anhalten wird, etwas bestimmtes zu tun. Außerdem geben die Entwicklung der Goldbestände oder die Veränderungen der Warenvorräte auf den Marktständen immer wieder Anlass zu verbalen Spekulationen. Da die meisten Karten mehrfach vorhanden sind und in einer Partie sehr viele Karten durchgespielt, sprich: gezogen werden, relativiert sich der Glücksfaktor.

Wie bei jedem Kartenspiel geht es auch bei Jambo darum, das aktuelle Kartenblatt am schlauesten einzusetzen. Der Autor hat dazu einen faszinierenden Strauß an Möglichkeiten vorgelegt. Das Spiel hat das volle Potenzial, Alt und Jung, Gelegenheits- als auch anspruchsvolle erfahrene Spieler in seinen Bann zu ziehen. Es ist ungezwungen zu spielen und man bereut keine Minute.

 

 Test 886: Jambo

  • Kartenspiel für 2 Spieler ab 12 Jahre
  • Ca.-Preis: 15,– €
  • Verlag: Kosmos
  • Autor: Rüdiger Dorn
  • Thema/Umfeld: Warenhandel und Leben in Afrika
  • Zielgruppe: Paare und Freunde von Kartenspielen mit "Deck"-Charakter
  • Spieldauer: 45 Minuten
  • Spielmaterial: ausgezeichnet und liebevoll gestaltet
  • Schachtelinfo: trifft den Charakter recht gut und ist hilfreich bei der Kaufentscheidung
  • Spielanleitung: sehr gut
  • Anspruch: Taktik und immer das gegnerische Gold im Auge behalten
  • Spielreiz: sehr hoch, die "exotische" Atmosphäre kommt gut rüber
  • Glück: hoch

 -Service:

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Auszeichnungen

  • Nominierungsliste 2005,
  • Kartenspiel des Jahres 2005

Rund ums Spiel

  • Bis 2010 bei Kosmos, ab 2011 im Eigenverlag des Autors 12spiel.de

Spielwiese-Code: | ●●●●● | E | 12 | !!!!!! |

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