Angeschubst
Kinderspiel oder Familienspiel? Für den Verlag Amigo lautet die Antwort ganz klar: Voll in Fahrt ist für die ganze Familie. Für die Spielwiese auch.
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Der Spielplan von Voll in Fahrt verfügt über mehrere Gleise, alleridings mit Lücken. Zwischen diesen werden die Rangierbrücken hin und hergeschoben (hier die gelbe von rechts nach unten), wodurch sich der Streckenverlauf ständig ändert. Bilder: Amigo |
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Die gewürfelte Augenzahl muss mit einer Lokomotive ausgeführt werden. Stößt sie auf eine andere, wird diese angeschubst und die restlichen Punkte müssen mit dieser gezogen werden. Stößt auch sie auf ein Hindernis, setzt sich das fort. | ||
Bringen wir gleich zu Beginn diese Diskussion zu Ende. Die Aufmachung der Schachtel spricht beide Gruppen an, hat jedoch einen Hang ins "Kindliche". Schon Sechsjährige können Voll in Fahrt in der Basisversion spielen. Doch selbst die verlangt einiges taktisches Kalkül ab. Doch das wichtigste Argument ist: Das Spiel ist eine Art Mensch ärgere Dich nicht, nur mit anderen Mitteln. Und das ist nun mal der Familienklassiker schlechthin.
Doch schon bei Mensch ärgere Dich nicht gilt: Das ist ein beliebter Zeitvertreib, bei dem der spielerische Tiefgang überschaubar ist, weshalb sich kaum noch jemand (Erwachsener) herausgefordert fühlt. Und natürlich ist es extrem glücksabhängig.
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Die Parallelen
Was sind nun die Parallelen? Beides sind einfache Laufspiele mit Würfeln – wer als Erster eine bestimmte Anzahl seiner Spielfiguren ins Ziel bringt, ist der Sieger – und bei beiden Spielen besteht ein großer Reiz andere Spieler vom Brett zu fegen.
Das "Zurück an den Start!" ist bei Voll in Fahrt allerdings heimtückischer. Wir haben es mit einem Eisenbahnkurs zu tun, bei dem manche Strecken entweder an einem Prellbock oder auch in der Pampa enden. Wer da oder dort landet, hat einen "Rangierunfall" erlitten und muss seine verunglückte Lokomotive wieder von vorne starten lassen. Nur: Bei Voll in Fahrt helfen die netten Mitspieler dabei nach.
Nun kommen wir zum großen Unterschied zu Mensch ärgere Dich nicht-Spielen, dem Zugmechanismus. Wer eine seiner Lokomotiven bewegt und auf eine bereits stehende Lokomotive trifft, muss dahinter stehenbleiben, schubst das Hindernis jedoch an, wenn vom Wurf noch Augen übrig sind. Würfelpunkte verfallen also nicht, sondern werden "weitergegeben". Das kann auch eine Kettenreaktion auslösen, wenn mehrere Lokomotiven hintereinander stehen.
Lückenbüßer
Bei einem simplen Start-Ziel-Lauf hat es der Autor Bob Lindner nicht belassen. Nur die drei "Ecken" der Strecke sind fix am Spielbrett, die vier Seiten hingegen sind unterbrochen. Dort werden drei Rangierbrücken hineingeschoben, es bleibt also immer eine Lücke. Wer zum Beispiel mit dem Farbwürfel Gelb würfelt, schiebt die gelbe Rangierbrücke in die Lücke, bei Rot die rote, bei Blau die blaue. Lokomotiven, die sich gerade auf der Rangierbrücke befinden, werden mitbefördert.
Das muss gar nicht schlecht sein. Mitunter kommt man dadurch einem der drei Zielfelder ganz nahe. Vielleicht aber landet man buchstäblich auf dem Abstellgleis, weil die drei Rangierbrücken unterschiedliche Gleise erschließen (oder auch nicht), je nachdem wo die Rangierbrücke ihre vorübergehende Verwendung findet und mit welcher Seite voraus sie in einer Lücke landet.
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Reparaturplättchen machen Voll in Fahrt taktischer. | |
In der Spielvariante fällt dieses sehr starke Glückselement zeitweise weg. Hierbei erhält ein Spieler, dem eine Lokomotive ins Abseits befördert wurde, zum Trost ein Reparaturplättchen (links). Das wird anstelle des Farbwürfels eingesetzt, der Spieler kann in einem späteren Zug also selbst bestimmen, welche Rangierbrücke bewegt wird, bevor er die beiden Augenwürfel schmeißt. Das macht Voll in Fahrt deutlich taktischer und wir sind nun tatsächlich im einfachen Familienspiel angelangt (abgesehen davon, dass viele Kinder nicht wirklich den Nerv haben, bei einem Spiel immer wieder und immer wieder mit einer Figur bei Null zu starten. Das kennen wir ja alle aus unserer Mensch ärgere Dich nicht-Geschichte).
Gespielt wird im Normalfall also mit einem Farbwürfel und zwei normalen Augenwürfeln. Die beiden Augenzahlen müssen addiert und das Ergebnis zum Ziehen für eine einzige Lokomotive verwendet werden. Das erlaubt auf den ersten Anschein das Bewältigen durchaus langer Strecken. In Wirklichkeit aber sind sinnvolle Züge gar nicht so häufig der Fall. Denn obwohl drei Gleise zur Auswahl stehen, wird es auf ihnen nach kurzer Zeit ziemlich eng durch die vielen Lokomotiven im Spiel (jeder hat vier) und nicht auf jedem Feld einer Rangierbrücke will man wirklich stehen bleiben.
Das Material
Kommen wir zum fast Wichtigsten. Dem Spielmaterial. Das verdient jeden der sechs Punkte im Spielwiese-Code! Alexander Jung hat nicht nur einen klaren Spielplan gemalt, sondern auch wunderhübsche, relativ große Lokomotiven gestaltet. Die lassen auch kein Erwachsenenherz kalt! Sie sind die Stars bei Voll in Fahrt.
Fazit
Das Fazit fällt eindeutig positiv aus. Auch wenn es die Jury zum Grafikpreis Graf Ludo zur Auswahlliste bei den Kinderspielen kategorisiert hat, ist Voll in Fahrt ein sehr einfaches, nichts desto Trotz aber sehr stimmungsvolles Familienspiel. Jung und Alt hat seinen Spaß dabei. Nicht mehr, aber auch nicht weniger, ist der Zweck.
Nr. 1092: Voll in Fahrt |
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Spielwiese-Code | | E | 6 | | |
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Themen: Eisenbahn
Preis-Leistungsverhältnis |
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-Service: |
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Auszeichnungen
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