Aha! Das nennt man eine bunte Mischung, was von der Jury Spiel des Jahres 2010 nominiert wurde. Auf diversen Freakforen werden in Kürze die Spiele gleich einmal zerrissen werden. Eine Zurechtrückung.
Erst vor wenigen Tagen, als bei uns in der Stadt ein Dominion-Turnier anstand, wurde es wieder augenscheinlich: Die Strahlkraft der Auszeichnung Spiel des Jahres verblasst. Der Name des Spiels ist nur wenigen bekannt, das Turnier kam nur deshalb zustande, weil eine Verkäuferin des veranstaltenden Ladens noch ihre zwei Buben zum Mitspielen "überredete".
Die kleine Begebenheit ist exemplarisch für die Probleme, mit denen die Auszeichnung Spiel des Jahres zu kämpfen hat. Zusammengefasst darf man es unter Aufmerksamkeitsdefizit sublimieren:
- Allen Beschönigungen zum Trotz, bildet das Familien- und Erwachsenenspiel einen schrumpfenden Markt. Die Umsatzsteigerungen der Spielebranche kommen nicht durch ausgeklügelte Kreationen für erprobte Spieler zustande, sondern durch die Klassiker, durch Spiele für Kinder und Spiele im unterem Preissegment.
- Konterkariert wird die Wirklichkeit durch eine ungeheure Neuheitenflut, auf deren Fuß eine Flut an Spielepreisen folgt. Sie lässt Gelegenheitsspieler und -käufer überfordert zurück.
- Überfordert sind auch die Medien. Sie werden ja nicht nur aus dem Spielebereich, sondern aus praktisch jedem Lebensbereich mit Pressemitteilungen über Auszeichnungen, Preise, Best-of- und Top-10-Listen bombardiert – und geben sie oft unbedarft einfach weiter. Zudem funktionieren die Medien heute anders als vor zehn Jahren. Bald jedes Provinzblatt vergibt "Preise" und zweitklassige Privatsender buhlen mit fragwürdigen "Rankings" zu allem und jedem Thema um Quote. Unterm Strich: ob nun eine Auszeichnung für Spiele oder für das schärfste Chili con Carne-Rezept vergeben wird, das Zeitfenster wird immer kleiner, um die Nachricht zu transportieren und setzen zu lassen. Denn morgen, nein: schon heute Nachmittag wird die nächste Sau durchs mediale Dorf getrieben. Oder wissen Sie denn noch, welcher Film in diesem Jahr die meisten Oscars abgeäumt hat?
In einem Meer an bedeutungslosen und marketinggesteuerten Preisen, Titeln und Awards ist das "Spiel des Jahres" zwar eine der wenigen seriösen Auszeichnungen. Mit diesem Anspruch letztendlich beim Konsumenten zu punkten, gleicht in unserer schnelllebigen Zeit immer mehr der Quadratur des Kreises. Mit dem Hin- und Hergehopse in ihrer Öffentlichkeitsarbeit hat es sich die Juy Spiel des Jahres außerdem nicht einfacher gemacht.
Davon ganz abgesehen: Nur alle paar Jahre sprengt ein Gesellschaftsspiel von sich aus die Grenzen der geschilderten Umstände. Dauerbrenner wie Die Siedler von Catan oder Carcassonne lassen sich eben nicht am Reißbrett planen. Für einen Hit müssen Thema und Konzept, aber auch der Zeitpunkt und Glück zusammenpassen. Ob sich unter den fünf Nominierten für 2010 wieder ein solcher Gassenhauer befindet, wird sich erst zeigen.
Arno Miller
Zur Meldung über die Nominierungen 2010

Man hört nicht auf zu spielen, weil man alt wird, sondern man wird alt, wenn man aufhört zu spielen.