GEBURTSTAG. Für einen der einflussreichsten Homo ludens Deutschlands steht ein runder Geburtstag an: Knut-Michael Wolf wird am 14. Juli 80 Jahre alt. Wir blicken auf eine bewegte Lebens- und Spielegeschichte zurück und gratulieren unserem Kollegen von ganzem Herzen!
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Pionierarbeit im Spielejournalismus: Aus einem hektographiertem Play-by-Mail-Rundbrief entstand in den 1970ern "Das Fachblatt für Spieler", dessen Namenskern mehrfach Folgen zeitigte. Bild: spielwiese.at |
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Netzwerk war das zweite veröffentlichte Brettspiel von Knut-Michael Wolf. Es kam bei Edition Perlhuhn heraus und 1984 auf die Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Im Bild die Ausgabe bei Fagus. |
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Bild: Fagus |
Knut-Michael Wolf, 1945 in der niedersächsischen Kurstadt Bad Pyrmont geboren, im Hauptberuf Finanzbeamter der Freien und Hansestadt Hamburg, trat 1974 erstmals sichtbar in der Spieleszene in Erscheinung: Bei F.X. Schmid wurde sein Hoppla Tante, eine Abwandlung von Mensch ärgere Dich nicht, veröffentlicht. Der bayerische Verlag änderte den Namen des Spiels im Jahr darauf für den internationalen Markt und in fünf Sprache in Avanti.
So begann seine Autoren- und Spieleredakteurskarriere. Eine andere, die des schreibenden und rezensierenden Spieleexperten, startete er 1977 mit "Wolfs Wirtschaftsbrief". In beiden unterschiedlichen Welten hinterließ Knut-Michael Wolf deutliche Spuren. Dazu später noch mehr. Die Verantwortlichen der Auszeichnung Essener Feder (2000) und des International Gamers Award (2008) holen KMW, wie seine längst zum Markenzeichen gewordenen Initialen lauten, in ihre Jurys. Eine dritte Karriere.
2024 kommt KMW im Jahrbuch "Spielspaß 2024/25" zu Wort, wie er eigentlich zu den Spielen kam. "Ich bin Spätzünder. In meiner Kindheit spielten Brettspiele keine wichtige Rolle. Mein Vater versuchte vergeblich, aus mir einen guten Schachspieler zu machen. Erst mit Mitte 20 entdeckte ich, dass Spiele es wert sind, sich intensiver mit ihnen zu beschäftigen. Das Erweckungserlebnis passierte in einer Mittagspause, als ich einen Presseshop entdeckte, der in seinem Obergeschoss eine unfassbare Menge an Brettspielen feilbot. Das Besondere: Man durfte die Schachteln öffnen und die Spielanleitung lesen. In 3M-Buchkassetten steckten Werke von Alex Randolph und Sid Sackson und lösten die Begeisterung für ein bis heute andauerndes Hobby in mir aus."
Eigene Spiele erschienen bis in die Nullerjahre bei mehreren Verlagen oder als Zeitungs- und Zeitschriftenbeilagen, wobei eines 1984 es bis auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres schaffte: Das abstrakte Netzwerk, verlegt von Reinhold Wittigs Edition Perlhuhn, später auch bei Fabus. Die Auszeichnung gewinnt im selben Jahr Dampfross, und auch da hatte KMW seine Finger im Spiel. Erst dank seiner Regelüberarbeitung war dieses frühe Schreibspiel rund und markttauglich. 1989 gewinnt mit Café International ein zweites Spiel nach der Bearbeitung durch Wolf die begehrteste Trophäe der Branche. Zu dieser Zeit arbeitete Wolf für mehrere Verlage freiberuflich als "Redakteur" und verbesserte die ursprünglichen Regeln.
1988 ist Knut-Michael Wolf Mitunterzeichner der sogenannten Bierdeckel-Proklamation für die Namensnennung der Autoren auf den Spieleschachteln und 1991 auch Gründungsmitglied der Spiele-Autoren-Zunft (SAZ). Die "Szene" dankt ihm später unter anderem 2002 mit der Verleihung des "Inno-Spatz" beim Spieleautorentreffen in Göttingen und 2016 mit einem Sonderpreis des Deutschen Spielepreises für sein Lebenswerk.
Auf seinen Einfluss auf den Spielejournalismus konzentrierte sich spielwiese.at-Herausgeber Arno Miller in einem Beitrag zum 70. Geburtstag von KMW. "Wir haben uns oft gematcht. Und das hat großen Spaß gemacht. Wer von uns beiden hat als Erster die Nachricht über das neue große Spiel von Ravensburger, von Kosmos, von Schmidt …? Knut auf spielbox.de oder ich auf spielwiese.at? Wer wusste mehr über die neuen Spiele zu berichten, die da in zwei, drei Monaten auf den Messen präsentiert werden?"Ganzer Text siehe: Happy Birthday, Knut!
Es waren ganz andere Zeiten, Informationen zu neuen Spielen behandelten die Verlage bis zu den Messen wie Staatsgeheimnisse. Knut-Michael Wolf hat öfters Pionierarbeit geleistet, solche Strukturen aufzubrechen. Seinen berechtigten Ruf als Urgestein begründete er 1978 mit der Herausgabe der „Pöppel-Revue“. Dieses Magazin war Nachfolger von "Wolfs Wirtschaftsbrief", Pöppel die damals noch norddeutsche Bezeichnung für Spielfiguren, die durch ihn in den allgemeinen Sprachgebrauch übergehen sollte. Und der "Goldene Pöppel", den die Pöppel-Revue für das beste Spiele vergab, war der Grundstein für den heutigen Deutschen Spielepreis. Das später an den Merz-Verlag verkaufte „Fachblatt für Spieler“ gab der Spielekritik breiten Raum. Ähnlich früh wie Arno MIllers "Die Spielwiese" bereitete Knut-Michael Wolf für die Spielefans das Feld im aufkeimenden Internet auf. „KMWs Spielpl@tz“ war 1995 eine der ersten deutschsprachigen Internetseiten zum Thema. 2000 wurde daraus spielbox.de.
Das bei Schmidt erschienene Spiel Dampfross war das erste von KMW bearbeitete Spiel, das die Auszeichnung Spiel des Jahres gewann (1984). Diesen Erfolg konnte er für Mattel wiederholen, in dessen Programm 1989 Café International veröffentlicht wurde. Bild: spielwiese.at |
Unterm Strich ein wahrlich abwechslungs- und einflussreicher Lebenslauf in der Welt der Spiele!
Alles Gute nach Hamburg, Knut!
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