Zweikampf um den Ackerboden
Ackerbauern besiedeln den zerklüfteten Norden. Auch wenn uns Einiges bekannt vorkommt – Fjorde ist ein eigenständiges, tolles Spiel.
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Weiß legt an und setzt gleich einen Hof darauf, um in Phase 2 in diesem Gebiet vertreten zu sein. | ||
Phase 2, das Legen der Holzscheiben: Weiß steht in diesem Beispiel strategisch günstiger, weil er noch Zugang zu den Feldern oben und ganz rechts hat, Schwarz aber nur noch die vier Felder ganz unten belegen kann. |
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Es ist das Feeling der Leichtigkeit, das einen schon bei Carcassonne überkam. Schuld, wenn man es so ausdrücken will, sind bei Fjorde das ähnliche Material und auch passagenweise ähnliche Abläufe:
Es gibt Landschaftsplättchen in sechseckiger Form; wenn man an der Reihe ist, zieht man eines davon von einem der verdeckten Stapel, dreht es um und muss es an das bestehende Spielfeld anschließen; dafür gibt es drei einfache Regeln:
- jedes neue Plättchen muss an mindestens zwei liegende angrenzen,
- benachbarte Landschaftsformen (Bildkanten) müssen genau passen,
- darf dadurch keine isolierte Landmasse entstehen.
Dieser Punkt muss näher erklärt werden: Wasserflächen bilden den Spielfeldrand, "hinter" dem Wasser darf kein Land angelegt werden, das vom übrigen Land abgeschnitten ist. Dann kann man, auch wieder eine Parallele, eine Spielfigur, in diesem Fall einen Hof, auf das eben gelegte Kärtchen setzen und es damit als Eigentum markieren.
Damit wäre Fjorde auch fast schon erklärt. Fast, weil es den entscheidenden zweiten Teil des Spiels gibt. Sind alle Landschaftsplättchen aufgedeckt und (die meisten von ihnen) zu einem nordischen Landstrich mit saftig grünem Ackerland, grauen Felsen und malerischen Küsten zusammengefügt, geht es ums Erobern jener Landschaftsplättchen, die noch nicht durch einen Hof besetzt sind. Der Spieler, der in dieser Phase mehr von seinen kleinen 20 Holzscheiben loswird, ist der Sieger.
Fjorde ist also sauschnell erklärt, spielt sich schnell und macht auch schnell zufrieden. Zufrieden in dem Sinn, dass es als einfaches und trotzdem herausforderndes Spiel geschätzt wird. Auch das Thema passt, weil es grafisch zwar etwas simpel, aber insgesamt gut und eindeutig umgesetzt ist.
Natürlich hängen die erste und die zweite Phase eng zusammen und in dem kleinen Spiel steckt mehr strategisches Potenzial drin als man es ihm zu Beginn ansieht.
In der ersten Phase hat man lediglich vier Höfe als Spielfiguren. Das sind wirklich wenige, mit denen man auch nur einen sehr geringen Teil des Spielfelds markieren kann. Wo man es tut, ist allerdings umso wichtiger. Die erste Holzscheibe der zweiten Phase darf überhaupt nur auf ein Plättchen gelegt werden, das unmittelbar an ein Plättchen mit einem eigenen Hof angrenzt. Dann startet der andere Spieler unter gleichen Bedingungen. Spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem ein Spieler seine zweite Holzscheibe legt, wird der Wettlauf um die Landnahme sportlich. Die weiteren Holzscheiben darf man auf jedes beliebige Landschaftsplättchen legen, sofern dieses an ein von ihm schon besetztes angrenzt (egal ob durch Hof oder Holzscheibe) und eine Verbindung des grünen Ackerlandes besteht.
Die vier Höfe sind die Ausgangspunkte der Expansion. Nicht nur Wasser und Felsen sind Hindernisse, sondern freilich auch Höfe und Holzscheiben des Gegners. Also lautet die logische Strategie, durch das Blockieren von "Tälern" zwischen zwei Gebirgsformationen oder durch das Errichten einer Holzscheibchen-Kette den Gegner erst einmal von grünen Gebieten abzuschneiden, um sie danach selbst mit den Holzscheiben der eigenen Farbe aufzufüllen.
Die Chancen, dies zu erreichen, sind umso größer, wenn man bereits beim Legen der Landschaftsplättchen sich die Möglichkeiten für den zweiten Spielabschnitt vor Augen hält. Viele Landschaftsplättchen passen an verschiedenen Stellen, verschaffen aber einem selbst nicht an jeder Stelle unbedingt einen Vorteil. Weil sie blind gezogen werden, verläuft jede Partie anders – Fjorde wird nicht langweilig.
Die Verlockung ist groß, seine vier Höfe rasch zu platzieren. Bei Anfängern ist dies mehr Gefahr als Chance. Piano! Piano! So wichtig es ist, am Beginn an zentraler Stelle eine Basis zu haben, so ist es ebenso wichtig, fürs letzte Viertel der Phase eins noch mindestens einen Hof in Reserve zu haben. Es kann ganz schnell gehen, dass durch ein Plättchen, das Wasser oder Felsen zeigt, sich davon ausgehend ein recht großes Gebiet mit Ackerland entwickelt, zu dem es nur einen Zugang gibt. Hat diesen Zugang schon der Gegenspieler besetzt, hilft nur noch eines: Das Anlegen eines weiteren Landschaftsplättchens und darauf einen Hof stellen, um in Phase 2 das Feld – buchstäblich – von der anderen Seite her aufzurollen.
40 Landschaftsplättchen, zweimal vier Höfe und 20 Holzscheibchen – so wenig Material ergibt ein sehr gutes Spiel. Fjorde ist ein schönes Beispiel dafür, dass das Spielthema Landnahme ganz ohne kriegerische Mittel auskommen kann.
Test 911: Fjorde
- Setzspiel für 2 Spieler ab 8 Jahre
- Ca.-Preis: 17,– €, zum Teil auch deutlich günstiger
- Verlag: Hans im Glück
- Autor: Franz-Benno Delonge
- Thema/Umfeld: Besiedelung und Ackerbau in einem nordischen Küstenland
- Zielgruppe: Familien, Erwachsene: wer Spaß an einer unkomplizierten Mischung aus Strategie und Überraschungen hat
- Spieldauer: 45 Minuten
- Spielmaterial: sehr gut
- Schachtelinfo: knapp, aber informativ
- Spielanleitung: gut
- Anspruch: Voraussicht, welche Möglichkeiten Phase 2 erlauben
- Spielreiz: sehr hoch
- Glück: durchschnittlich
-Service:
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