Höchst variabel
Von vielen Spielern unter seinem Wert geschlagen bleibt Kingdom Builder, Spiel des Jahres 2012, ein Vertreter eines Familienspiels im besten Sinn des Wortes.
Mehrere Variablen des Spielmaterials führen bei jeder Partie von Kingdom Builder zu unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Siegbedingungen. Bild: Queen |
Aufs Erste interessant, weil ungewohnt: Kingdom Builder belästigt uns nicht zur Einführung mit einer blumigen Geschichte. Es heißt nur: „Jeder Spieler erschafft durch den geschickten Bau von Siedlungen sein eigenes Königreich mit dem Ziel, dafür am Ende das meiste Gold zu bekommen. Drei Kingdom Builder-Karten zeigen die Bedingungen, für die es in der Schlusswertung das begehrte Gold gibt.“ Damit hat’s sich.
Das mag ungeübte Spieler womöglich ratlos machen, aber die Spielanleitung ist – mit vielen nützlichen Bildbeispielen – logisch und sehr gut aufgebaut. Wie fast immer bei Queen. Auch sind die rein spielmechanischen Möglichkeiten sehr überschaubar. Es gibt eine Pflichtaktion und bestimmte einfache Bauregeln. Alles andere, das sind die Sonderaktionen, ergibt sich im Spielverlauf.
Man startet also beim ersten Spiel eher zu einen Blindflug. Das kann spannend sein, birgt allerdings auch die Gefahr, das Spielziel aus den Augen zu verlieren und sich ziemlich ungeschickt anzustellen. Denn: Drei von insgesamt zehn Kingdom Builder-Karten werden zufällig gezogen und offen neben den Spielplan gelegt. Ihre Bedingungen gelten für a l l e Spieler gleichsam. Dementsprechend rittern die Spieler ums Gleiche und kommen sich gegenseitig in die Quere. Zu jeder Zeit lautet deshalb das oberste Gebot, den Überblick zu bewahren, um taktisch das Maximum herauszuholen. Die drei Kingdom Builder-Karten können beispielsweise sein:
- Der Fischer: möglichst viele Siedlungen am Wasser zu bauen – jede einzelne Siedlung bring am Ende 1 Gold
- Der Entdecker: In möglichst vielen horizontalen Linien mindestens eine Siedlung zu haben – jede Linie bringt 1 Gold
- Der Bauer: 3 Gold für jede Siedlung in dem Quadranten (seihe nächster Absatz), wo der Spieler insgesamt am wenigsten Siedlungen bauen konnte. Quasi eine Subventionierung, wie man es aus der Landwirtschaft gewohnt ist.
Ein Quadrant ist einer der vier Teile, aus denen sich das Spielfeld zusammensetzt. Buchstäblich: Es werden für jedes Spiel zufällig vier aus insgesamt acht unterschiedlichen Teilen gewählt und zu einem Rechteck verbunden. Das Spielfeld zeigt dann Wüsten, Grasflächen, Wälder und andere Geländeformen. Mal kleine, mal größere.
Wo der Spieler baut, ist sehr dem Zufall überlassen, wird aber auch sehr restriktiv gehandhabt. Die Pflichtaktion besteht darin, seine – einzige! – Geländekarte auszuspielen und dann auf entsprechenden Geländefeldern drei Siedlungen zu platzieren. Zusammenhängend, wenn immer möglich, und auch an eine bereits bestehende eigene Siedlung angrenzend, wenn immer möglich. (Für die nächste Runde wird wieder eine neue Geländekarte gezogen)
Genau mit diesem vagen zweimaligen „wenn immer möglich“ kommt die Taktik ins Spiel. Man muss es darauf anlegen, nach und nach die vorgeschriebenen drei Siedlungen, die es pro Zug zu verbauen gilt, zu spiltten und so in verschiedenen Regionen des doch recht großen Spielplans zu platzieren. Zumal, und hier kommt ein weiterer Aspekt, es noch aufgedruckte Sonderfelder gibt, mit denen sich wertvolle zusätzliche Punkte erzielen lassen.
Dadurch ergeben sich bei Kingdom Builder viele viele Möglichkeiten als Rahmenbedingungen. Vier von acht verschiedenen Quadranten mit unterschiedlichen Sonderfeldern mal drei von zehn unterschiedlichen Kingdom Builder-Karten … da haben auch Mathematiker was zu knofeln, um die Zahl der Variationen auszurechnen.
Das soll uns aber wurst sein. Entscheidend ist das Spielgefühl bei Kingdom Builder. Es hinterlässt kein überwältigendes „Wow!“, das wäre maßlos übertrieben. Doch es ist gut. Weil bei allen Zufälligkeiten, die Kingdom Builder beinhaltet, dennoch die Erkenntnis überwiegt, Herr über seine Entscheidungen zu bleiben. Und die Qualität des Spielmaterials ist vorbildhaft, die Geländeformen sind sehr gut zu unterscheiden. Ob einem die Ausführung der Blumenwiesen oder der Bergregionen gefallen, ist Geschmacksache. Illustrator Oliver Schlemmer hat jedenfalls einen guten Job gemacht.
Fazit
Die große Stärke von Kingdom Builder ist seine Variabilität. Kein Spiel läuft wie das andere ab. Freilich: Das bedeutet jedes Mal sich auf eine neue besondere Situation einzustellen. Es ist ein klassisches Brettspiel für Gelegenheitsspieler. Wer so gut wie nie spielt, wird allerdings etwas Mühe haben.
Das enge spielmechanische Korsett von Kingdom Builder lässt versierte Spieler fast automatisch über Varianten nachdenken. Wie wäre es zum Beispiel, wenn neben den drei offenen Kingdom Builder-Karten jeder Spieler zusätzlich noch eine verdeckte Kingdom Builder-Karte hätte? Oder man zwei Geländekarten zur Auswahl auf der Hand hat und taktisch eine davon wählt? Von solchen Gedankenspielen abgesehen: Eigentlich glaubte man, dass bei Setzspielen alles schon gesagt ist. Aber wie schon bei seinem Erstling Dominion hat Autor Donald X. Vaccarino auch dieses Mal neue Facetten gefunden und zu einem stimmigen Ganzen komponiert.
Lesen Sie dazu auch:
Nr. 1158: Kingdom Builder |
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Spielwiese-Code | | G | 8 | | |
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Themen: Siedeln
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Auszeichnungen
Rund ums Spiel
Das Rezensionsexemplar wurde von Queen zur Verfügung gestellt |
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