Alles halb so schlimm
Legends ist ein starkes Spiel. Hat man das als Geschichte erzählte Brimborium aus dem Kopf verbannt und das eigentlich sehr einfache Spielprinzip begriffen, wird’s richtig spannend.
Nr. 1190: Legends | Spielwiese-Code | | G | 10 | | |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Legends bedeutet Reisen von Ort zu Ort. Jede Bewegung kostet ein Feld "Zeit", ebenso das Aufnehmen und Ausspielen von Karten. Karten werden gebraucht, um damit an den gleichfarbenen Orten sein "Wissen" zu dokumentieren. Dafür stellt man kleine Bücher in den Halbkreis und diese Bücher bringen letztlich bei den Wertungen Punkte. Bild: Spielwiese |
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Die gute Nachricht
Sehr gute Ausgewogenheit aus Taktik- und Glückselementen. Ravensburger knüpft mit diesem Spiel an alte Stärke an.
Die schlechte Nachricht
Mit der Handlungsschilderung ist etwas viel Brimborium verbunden. Das lenkt ab. So ist Legends trotz übersichtlicher Anleitung für völlige Neulinge anfangs verwirrend.
Rein ins Spiel!
120 Legendenkarten, 24 Bücher, mehrere Medaillen, fünf große und vier kleine Sanduhren, Abenteuertafeln, Marker … Das sind nur die wichtigsten Utensilien des neuen Ravensburger-Spiels Legends. Dazu ein ziemlich riesiger Spielplan. So riesig, dass er puzzleartig zusammengesetzt wird, weil er nicht in die Schachtel gepasst hätte. In der Spielanleitung ist von Reisen zu acht sagenumwobenen Orten die Rede, zu der die Mitglieder des noblen Clubs der Abenteuer nicht nur aufbrechen, sondern dazwischen immer wieder in den Club zurückkehren, um den anderen von den Legenden über die besuchten Orte berichten. Dafür bleiben 75 Wochen Zeit. Und weil das irgendwann im 19. Jahrhundert spielt, der Club vermutlich in London beheimatet ist, wird eine Wette daraus.
Alles very british, aber nicht Jules Vernes „In 80 Tagen um die Welt“. Und um eine Wette geht es im Spiel auch nicht. Das ist nur erzählerisches Drumherum. Sätze wie „Wissen hilft euch, die Legenden zu entdecken.“ sind gut gemeint, letztlich aber dem Verständnis nicht immer zuträglich.
Das wird kompliziert, denkt man sich. Aber: Alles halb so schlimm. Schon beim zweiten Mal ist Legends in den angegebenen 60 Minuten zu spielen. Diese Stunde lohnt sich!
Wer an der Reihe ist, reist mit seiner Figur zuerst einmal an einen anderen Ort und hat dann zwei Möglichkeiten. Die eine ist die sogenannte Kartenaktion. Dabei werden Legendenkarten gesammelt, die dort offen ausliegen (Alternative: verdeckter Nachziehstapel), die das „Wissen“ über die Legenden von Atlantis, Bernsteinzimmer, die Bundeslade oder auch den in diesem Jahr bei Spielen hoch im Kurs stehenden Yeti darstellen. Die Karten sind in den acht Farben der dazu gehörenden Orte. Die andere Möglichkeit ist die sogenannte Buchaktion. Die im Spiel intendierte Geschichte dazu ist, mit dem „Wissen“ über die Orte zu glänzen und es in einem Reisetagebuch zu dokumentieren. Auch das ist wesentlich einfacher, als es den Anschein hat. Man gibt eine bestimmte Anzahl der farblich passenden Karten ab und besetzt dafür am betreffenden Ort eines von vier Feldern mit einem Buch. Die Felder sind unterschiedlich teuer, was bei den Wertungen folgerichtig mehr oder eben weniger Punkten bringt.
Das ist eigentlich schon das ganze Spielprinzip. Zum Verständnis gehört aber noch so viel: Prinzipiell kostet jedes Tun, ob man nun von Ort A nach Ort B reist, Legendenkarten aufnimmt oder damit Bücher platziert, Zeit auf der Zählleiste rund ums Spielbrett. Eine Woche ist ein Feld. 75 Wochen Zeit stehen zur Verfügung. Je weiter die Zeit fortschreitet, desto dynamischer wird Legends. Nach 25 Wochen findet die erste von vier Wertungen statt.
Weniger der ganze Zinnober, der darum gemacht wird, ist das Interessante bei Legends, sondern es sind vielmehr die Feinheiten, deren Sinn sich nach und nach erschließt. An dieser Stelle wollen wir nur zwei davon herausgreifen:
• Der neunte Ort auf dem Spielplan, der Club der Abenteurer, hat eine besondere Funktion und sollte immer wieder mal angesteuert werden. Denn hier legen die Spieler verdeckt Legendenkarten ab. Warum? Diese Karten bestimmen, welche von den acht eigentlichen Orte für die Wertung in die Ziehung kommen. Dazu werden alle verdeckten Karten gemischt und dann wird so lange eine nach der anderen aufgedeckt, bis fünf verschiedene Orte ausliegen. Nur für Bücher in diesen fünf Orten gibt es Punkte. Fürs klug Spielen heißt das: Man braucht von einer Kartenfarbe (Ort) nicht nur Karten, um damit Bücher zu platzieren, sondern sollte auch noch möglichst viele Karten dieser Farbe im Club der Abenteurer hinterlegt haben. Das ist nicht immer einfach oder möglich. Kleiner Trost: Beim ersten Mal fehlt auch den anderen der Durchblick.
• Es gibt bei Legends keine Regelmäßigkeit, wer am Zug ist. Am Zug ist immer derjenige Spieler, der mit seiner Figur auf der Zeitleiste am weitesten hinten liegt. Das bewirkt zusätzliche Spannung, immer wenn es auf jene Wochenfelder zuläuft, wo eine Wertung ausgelöst wird. Punkt eins: Gewertet wird erst, wenn der letzte Spieler das betreffende Wochenfeld erreicht oder überschreitet. Er hat es in der Hand, das Spiel zu verzögern, um beispielsweise noch zum Club der Abenteurer zurückzukehren und mit bestimmten Legendenkarten die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass ein für ihn wichtiger Ort gewertet wird. Punkt zwei: Auf den ersten Spieler, der das Wertungsfeld erreicht, wartet dort die Goldene Sanduhr. Er platziert sie an einen Ort seiner Wahl und stellt damit sicher, dass dieser Ort auf jeden Fall gewertet wird, auch wenn beim Club der Abenteurer keine Karten dafür aufgedeckt werden. Stark.
Christian Fiori und Knut Happel als Autoren und Franz Vohwinkel als Illustrator haben einen hervorragenden Job gemacht. Insider sind alle spielmechanischen Elemente zwar schon irgendwann bei anderen Spielen begegnet, doch das Arrangement ist überaus geglückt. So viel Befriedigung hat ein klassisches Brettspiel von Ravensburger schon lange nicht mehr bereitet.
Nochmals spielen? Sehr gerne, weil man bald spürt, da steckt mehr an Facetten drin, als man anfangs denkt. Der Ablauf erfordert ständiges Aufpassen und Adaptieren der eigenen Taktik. |
Rund ums Spiel
Das Rezensionsexemplar wurde von Ravensburger zur Verfügung gestellt |